Musik

Isabel LaRosa im Interview über Debüt-Album „Raven“ & „Psychopomp“-Tour 2025 | Ticketmaster New Music
Die Alt-Pop-Supernova über ihr Debütalbum Raven, das schmerzhafte Erwachsenwerden und ihre geheime Bee-Gees-Phase
Als Kind trat Isabel LaRosa bei Open-Mic-Veranstaltungen auf, wo sie gemeinsam mit ihrem Bruder und Vater Jazzstandards sang. In ihren späten Teenagerjahren wurde sie durch virale TikTok-Videos bekannt. Diesen Sommer pendelte sie zwischen Lollapalooza und den Festivalbühnen Europas. Mit 21 Jahren hat die Singer-Songwriterin bereits beachtliche musikalische Wege zurückgelegt. Doch die junge Künstlerin, die ihr Debütalbum symbolisch „Raven“ nennt – inspiriert vom kohlschwarzen Unheilsvogel –, weiß genau, wohin sie will.
In ihrer Kindheit war sie stets offen für musikalische Einflüsse, die durch die Obsessionen ihrer Familie reichten – von Saxophonen bis zu Hair Metal. Doch sie fand ihren eigenen Stil, als sie begann, gemeinsam mit ihrem Bruder Thomas Songs zu schreiben. Dabei entstanden düstere Alt-Pop-Beichten über das Ende der Jugend, Sehnsucht und Herzschmerz, eingebettet in eine filmische Klangwelt mit schwebenden, sehnsüchtigen Vocals.
Ticketmaster UK hat sich mit Isabel getroffen, während sie sich auf den europäischen Teil ihrer „Psychopomp“-Tour vorbereitet. Ihr Online-Durchbruch 2022 mit dem verträumten Song „i’m yours“ katapultierte sie ins Erwachsenenleben. Gleichzeitig brachte er sie mit einer unterstützenden Community in Kontakt, die – während „Raven“ seine Flügel ausbreitet – tiefer in ihre ehrlichen Texte eintaucht, ihre klanglichen Ausdrucksformen erweitert und ihre kubanischen Wurzeln würdigt.
Du hast deine ersten musikalischen Erfahrungen mit deiner Familie gesammelt. Wie fühlt es sich jetzt an, deine eigene künstlerische Stimme zu finden – vom lokalen Jamsession zur Headliner-Tour über Kontinente hinweg?
Es ist total verrückt, so anders als das, womit ich aufgewachsen bin. Ich bin mit Jazzstandards aufgewachsen, die ich mit meinem Vater und meinem Bruder gesungen habe. Ich arbeite immer noch mit meinem Bruder zusammen, aber es ist einfach so cool für mich, meine eigene Welt erschaffen zu können. Das war mir immer extrem wichtig. Ich war besessen von Künstlern wie Melanie Martinez und The Neighbourhood – sie alle haben eine ganz eigene Welt um sich herum. Und genau das ist das Einzige, was ich wirklich machen will.
Es ist, als hättest du ein völlig neues Wesen entfesselt.
Absolut.
Du schreibst und produzierst jetzt Songs mit deinem Bruder. Wie hat sich eure Zusammenarbeit verändert, je älter ihr werdet und je sicherer ihr in euren Fähigkeiten seid?
Thomas und ich waren immer sehr eng miteinander. Je älter wir geworden sind – besonders im letzten Jahr – desto wohler fühlen wir uns miteinander. Zumindest ich bin viel sicherer darin geworden, klar zu sagen, was ich mag und was nicht. Wir haben mittlerweile einen richtig guten Flow in unserer Arbeit.
Das hatten wir zwar schon immer, aber ich habe mit 17 meinen Vertrag unterschrieben. Ich war also noch ein Teenager, als wir all das gemacht haben. Jetzt bin ich ein bisschen geerdeter. Ich hatte zwar immer die Kontrolle über die Musik, aber jetzt kann ich tiefer gehen und habe einen klaren Plan, was ich machen will. Und ich habe das Gefühl, dass ich vielleicht auch die visuelle Seite stärker in die Hand nehme.
Was entfacht deine Faszination für einen dunkleren Sound? Von der Musik bis zu den Visuals hast du ein ganzes Universum erschaffen.
Visuelle Dinge haben mich schon immer fasziniert. Ich bin mit Künstlerinnen und Künstlern aufgewachsen, bei denen das Visuelle im Vordergrund stand. Ich führe bei all meinen Videos selbst Regie und schreibe sie auch. Ich weiß nicht – ich habe früher unglaublich viele Horror- und Thrillerfilme geschaut. Heute bin ich ehrlich gesagt ein bisschen empfindlicher geworden. Ich kann sie nicht mehr so gut schauen, sie machen mich nervös. Je älter ich werde, desto mehr denke ich: „Ich wohne allein – das ist unheimlich!“
Aber grundsätzlich liebe ich dunkle, filmische Bilder. Serien wie Euphoria und die frühen Staffeln von Stranger Things haben mich am Anfang stark inspiriert. Mittlerweile liebe ich das Visuelle fast noch mehr. Ich wollte entweder Musik machen oder in den Filmbereich gehen. Dass ich jetzt beides machen kann, ist das Beste, was mir passieren konnte.
Du hast eine starke Online-Präsenz und enge Verbindung zu deinen Fans. Gibt es etwas, das sie überraschen würde – persönlich oder als Künstlerin, auf oder abseits der Bühne?
[Lacht] Auf jeden Fall! Ich teile zwar viel mit ihnen, aber ich glaube, es gibt trotzdem so vieles, das sie nicht wissen. Auf der Bühne spiele ich oft fast eine Rolle – das macht auch Spaß.
Früher gab es eine sehr klare Trennung zwischen meinem Online-Ich und meinem echten Ich. Wenn Leute mich treffen, sagen sie oft: „Oh, du bist ja ganz anders, als ich erwartet habe!“ Jetzt fange ich an, mich wohler damit zu fühlen, den Menschen, die mich unterstützen, wirklich zu zeigen, wer ich bin – anstatt immer nur zu versuchen, diese coole Persona aufrechtzuerhalten. Das ist etwas, das ich gerade lerne.
„Home“ ist sehr energiegeladen, aber auch herzzerreißend in der Art, wie es den Übergang von der Jugend ins Erwachsenenleben beschreibt. Wie hast du diesen Prozess erlebt – besonders, da du so schnell erwachsen werden musstest?
Ich habe das Gefühl, dass sich gerade im letzten Jahr so viel für mich verändert hat. „Home“ ist einer meiner Lieblingssongs, die wir gemacht haben. Es geht darum, den Ort loszulassen, an dem man aufgewachsen ist – und sogar die Menschen, die die eigene Jugend geprägt haben. Die zweite Strophe handelt von meiner Schwester, und das war eine der besonders bedeutungsvollen Zeilen, die ich je geschrieben habe.
Du singst: „And to my sister / Call me when you need some help / You know I’m with you / You’re beautiful just as yourself…“ Ich habe das eher als „Schwesternschaft“ interpretiert – also im Sinne von Frauen allgemein!
Das ist lustig. Nein, es geht tatsächlich um meine echte Schwester… aber ja, auch das! Ich habe zwei jüngere Geschwister, wir sind insgesamt vier. Meine kleine Schwester ist gerade 16 geworden und sie ist Sportlerin. Sie ist nicht wirklich musikalisch, aber sie unterstützt mich sehr. Ich habe den Song für sie geschrieben – darüber, dass ich nicht immer für sie da sein kann. Und trotzdem: Auch wenn ich ihn aus einer bestimmten Perspektive geschrieben habe, liebe ich es, dass jeder ihn auf seine eigene Weise interpretieren kann.
„Favorite“ ist ein zweisprachiger Track, bei dem du auch mit Reggaeton experimentierst. Hast du seit der Veröffentlichung des Albums weitere Stilrichtungen erkundet? Ist es dir wichtig, deine Grenzen zu erweitern?
„Favorite“ war total spannend, weil Thomas und ich den Song ursprünglich mit einer ganz anderen Melodie geschrieben hatten – über sechs Monate, bevor wir ihn überhaupt angeteasert haben. Und dann dachten wir in letzter Minute: „Lass uns einfach die Melodie ändern und schauen, was passiert.“ Ich bin halb kubanisch, und als der Song gut ankam, fand ich es passend, eine spanische Strophe einzubauen.
Ich liebe eher düstere lateinamerikanische Musik und bin generell mit viel Latin-Musik aufgewachsen, deshalb fühlte sich das für mich gar nicht so weit hergeholt an. Es war eine schöne Abwechslung, und ich hätte auf jeden Fall Lust, in Zukunft mehr in diese Richtung zu machen. Ich bin sehr gespannt auf all die verschiedenen Sachen, an denen ich gerade arbeite.
Du arbeitest also schon an neuer Musik, obwohl du gerade auf Tour bist?
Immer! Ich werde nervös, wenn ich es nicht tue. Ich liebe es einfach, Musik zu schreiben – es fühlt sich komisch an, wenn ich es nicht mache. Thomas und ich arbeiten ständig an etwas. Sogar ein paar Tage nach der Veröffentlichung des Albums haben wir schon wieder neue Sachen geschrieben und aufgenommen. Ich mag es einfach nicht, langsamer zu werden.
In „Girl Of Your Dreams“ gibst du Lesley Gores „You Don’t Own Me“ deine eigene Note – es gab ja auch eine neuere Coverversion davon. Hat dich die Musik angesprochen oder kam das aus einer persönlichen Erfahrung? Es ist eine zeitlose feministische Hymne, die in den 2020er-Jahren eine ganz neue Bedeutung bekommt.
Ja, absolut. Zunächst einmal liebe ich den Song von Lesley Gore. Meiner Meinung nach altert er nicht wirklich. Man kann ihn immer wieder neu interpretieren, und er verliert nie seinen Reiz. Aber er passte auch sehr gut zu einer Situation, in der ich mich damals befand. Es ist ein Ausdruck von Wut, den ich in meiner Musik bisher kaum gezeigt habe, und es fühlte sich wie die passende Form dafür an.
Witzig, dass du Wut erwähnst. Der Song wirkt so atmosphärisch und zurückhaltend – eher wie eine stille Kraft.
Genau, und das gefällt mir. Man muss nicht immer laut oder aggressiv sein, um sich Gehör zu verschaffen. Es ist nicht die Art von Wut, die man sich vielleicht vorstellt, aber gerade das macht sie so kraftvoll. Sie muss nicht laut sein, um Wirkung zu zeigen.
Der Song stammt aus den 60ern. Du hast auch den Film Drive von 2011 als Einfluss genannt. Euphoria, Melanie Martinez… Du springst zwischen Jahrzehnten und holst sie in die Gegenwart. Das ist eine ziemlich breite Stilpalette.
Das ist wirklich spannend. Meine Mutter hat mich mit Van Halen und 80er-Hair-Metal wie Mötley Crüe großgezogen. Ich nehme davon zwar nicht so viel Inspiration, aber ich habe es viel gehört. In letzter Zeit höre ich viel aus den 90ern, zum Beispiel Deftones, und auch frühe 2000er wie Panic! at the Disco und Fall Out Boy. Vor ein paar Jahren haben mein Bruder und ich ständig Musik aus den 70ern gehört – die Bee Gees zum Beispiel. Das sind gute Songs.
Das komplette Gegenteil – Disco-Glitzer.
Total! Jetzt bin ich in einer Deftones-Phase, aber vor ein paar Jahren habe ich nur die Bee Gees gehört. Ich bin mit viel Tom Petty und Pink Floyd aufgewachsen. Wirklich alles – aber gerade jetzt fühle ich mich sehr zum Grunge der 90er hingezogen. Auch ein bisschen Portishead, obwohl das kein Grunge ist. Die Bee Gees habe ich bisher noch nicht wirklich als Inspiration genutzt – vielleicht unterbewusst…
Die Psychopomp-Tour begann im Frühjahr in Nordamerika. Planst du neue Elemente für die EU-/UK-Termine?
Erst neulich habe ich im Spaß zu meiner Choreografin gesagt: „Wow, Europa bekommt einfach alles!“ Es tut mir so leid für die USA! Ich arbeite gerade wirklich an so vielen Dingen für die Tour.
Wir drehen jede Menge Visuals und ich bin viel in Tanzproben. Ehrlich gesagt liegt es daran, dass ich jetzt endlich Zeit habe, wirklich zu proben. Vor der US-Tour war ich anderthalb Monate mit Presse beschäftigt. Ich hatte genau eine Probe, bevor wir losgelegt haben – das war’s. Ich war total überfordert. Jetzt habe ich endlich Zeit, mich hinzusetzen und zu überlegen: Was genau will ich machen und wie will ich das zeigen? Ich freue mich sehr darauf. Ich komme zurück in die USA – und dann machen wir’s nochmal!
Wie beeinflusst das Live-Performen deine Musik – diese direkte Interaktion mit den Fans?
Das ist eine wirklich interessante Frage. Live aufzutreten ist für mich der Moment, in dem ich wirklich sehen kann, wie etwas jemanden berührt. Manchmal reagieren Leute so stark auf Dinge, bei denen ich das gar nicht erwartet hätte. Oder allein zu sehen, dass ein Song für jemanden eine Bedeutung hat – direkt vor meinen Augen – das ist einfach verrückt. Es verändert definitiv meine Sicht auf die Musik. Aber es zeigt mir auch, dass manche Dinge online besser funktionieren und andere wiederum live. Es ist spannend, diesen Unterschied zu beobachten. Ich bin sehr dankbar, dass ich das jetzt seit zwei Jahren machen kann.
Einmal war ich auf Tour in Australien – auf der anderen Seite der Welt. Und da waren über tausend Leute im Raum. „Home“ war zu dem Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht, aber wir haben ihn gespielt – und jedes Mal haben sie ihn so laut mitgesungen. Ich glaube, das hat gezeigt, wie viel ihnen der Song bedeutet. Einen unveröffentlichten Song so zu hören – das war etwas ganz Besonderes für mich.
Du warst so weit weg von zu Hause, aber sie haben dir das Gefühl gegeben, zu Hause zu sein.
Genau. Ich war nicht zu Hause – aber irgendwie doch!
Aus dem englischen Original (discover.ticketmaster.co.uk) übersetzt (Danai Molocha)
Im November 2025 ist Isabel LaRosa auch bei uns in Deutschland zu Gast. Mit ihrer „Psychopomp Tour 2025“ kommt sie live nach Hamburg, Köln, Berlin und München. Reguläre sowie VIP-Tickets gibt es hier bei Ticketmaster!
Isabel LaRosa – Psychopomp Tour 2025 | Deutschland Konzerte
- 17.11.2025, Hamburg – Docks
- 18.11.2025, Köln – E-Werk
- 24.11.2025, Berlin – Astra Kulturhaus
- 26.11.2025, München – Theaterfabrik
Tickets gibt es jetzt hier bei Ticketmaster!
P.S.: Bei ihren Europa-Konzerten 2025 lohnt es sich, früh zu kommen. Neben ihrem Bruder Thomas LaRosa bringt Isabel LaRosa die Elektro-Pop-Durchstarterin Snow Wife mit auf Tour. Nach Touren in Amerika wie z.B. als Support von Drag-Queen Trixie Mattel ist Snow Wife erstmals live in Deutschland zu erleben.
Mit Songs wie „AMERICAN HORROR SHOW“ und „F*CK“ heizt sie mit heißen Dance-Performances und scharfzüngigen Lyrics die Menge an.


