Musik

Young Euro Classic: Der Klang des Erfolgs

Bereits zum 15. Mal führt Young Euro Classic hochkarätige, internationale Jugend-Orchester in der deutschen Hauptstadt zusammen, um ein einmaliges Festival der klassischen Musik zu schaffen. Dabei ist dieses Jahr alles ein bisschen anders: Der bisherige Austragungsort, das Konzerthaus Berlin, ist wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Mit der Berliner Philharmonie und dem Admiralspalast geht es 2014 deshalb erstmalig an gleich zwei Spielorte – und das zu unterschiedlichen Zeiten. Svetlana Bartseva ist eine der Organisatorinnen des Young Euro Classic. Wir sprachen mit der 30-jährigen Junior Project Managerin darüber, wie es hinter den Kulissen des Festivals der weltbesten Jugendorchester zugeht.

Svetlana, ihr steht jetzt wenige Wochen vor dem ersten Durchgang in der Philharmonie. Wie laufen die Vorbereitungen?

So kurz vor dem Young Euro Classic wird’s natürlich ein bisschen hektischer. Jetzt geht’s darum, organisatorische Dinge drumherum zu erledigen. Bald kommen die Musiker, also müssen Transfers geklärt und letzte Hotels gebucht werden. Und wenn sie eintreffen, müssen wir darauf achten, dass auch wirklich alle eine Unterkunft finden, denn manchmal kommen doch mehr als angekündigt. Auch haben wir ein Auge darauf, ob alle Instrumente mitfliegen. Kontrabässe und Flügel beispielsweise sind aufgrund ihrer Größe natürlich nie dabei. Wir müssen sie hier anmieten und sicherstellen, dass alles spätestens zur ersten Probe auf der Bühne steht. Manchmal gibt es auch noch Verzögerungen bei den Visa für die Musiker, wie aktuell bei den Chinesen. Da stehen wir in Kontakt mit der Botschaft, damit das möglichst bald erledigt wird. Für 100 Personen ist so etwas natürlich etwas aufwändiger.

Machen sich bei der Organisation der Orchester Unterschiede in der kulturellen Mentalität bemerkbar?

Klar, die Organisationsabläufe sind sehr Kulturabhängig. Bei den Franzosen und Rumänen zum Beispiel ist längst alles gebucht. Da merkt man, wie sehr sie sich auf ihre Auftritte freuen und bloß alles rechtzeitig geklärt haben wollen. Die Russen wiederum freuen sich natürlich auch, sind aber viel entspannter bei den Vorbereitungen – da sind noch nicht einmal die Visa beantragt. Sie haben mehr diese „Och, das schaffen wir schon“-Mentalität. Aber das ist ok. Wir haben über die Jahre hinweg viel Erfahrung sammeln können und wissen zum Beispiel, dass die Chinesen sehr strikt von ihrem Orchester-Manager geleitet werden. Das Orchester der Spanier ist hingegen etwas chaotischer. Da müssen wir am Tag des Auftritts schon koordinierend wirken und darauf achten, dass sie alle pünktlich auf die Bühne kommen, dass sie in der Pause nicht verschwinden und dass nach dem Konzert auch alle im Bus und Hotel landen. Solche Aufgaben gehören einfach dazu.

In diesem Jahr ist erstmals nicht das Konzerthaus der Veranstaltungsort des Young Euro Classic, sondern erst die Philharmonie und dann der Admiralspalast. Fühlen sich die Vorbereitungen sehr anders an?

Absolut. Das ist neu für uns und macht es nochmal besonders spannend. Das Konzerthaus kennen wir seit Jahren – wir fühlen uns da wie zuhause. Jetzt ist es alles fremder und aufregender. Wir wissen noch nicht, wie genau die Atmosphäre sein wird und welche Besucher kommen – ob es dasselbe Publikum ist, das wir seit Jahren haben oder ob es hauptsächlich Gäste sind, die sonst die Philharmonie und den Admiralspalast besuchen. So etwas beeinflusst ja auch die Stimmung, die bisher immer eher locker und emotional war. Die Philharmonie hat da eine ganz andere Atmosphäre. Wie das am Ende alles zusammenfindet, darauf sind wir sehr gespannt.

Gibt es konzeptuelle Unterschiede für die beiden Spielstätten?

Ja, in der Philharmonie spielen hauptsächlich große, symphonische Orchester während wir uns im Admiralspalast auf die innovativen Projekte konzentrieren – beispielsweise mit Oper, Operette, Tanz und Jazz. Events, die für die Philharmonie vielleicht nicht ganz so passend gewesen wären. Wir wollten diese neue Bühne einfach dafür nutzen, etwas Neues auszuprobieren und dann schauen, wie wir es zukünftig im Konzerthaus fortsetzen.

Du sagst ‚wir‘ – wie groß ist denn euer Team?

Wir sind immer rund zehn bis zwölf Personen, die das Young Euro Classic im Vorhinein organisieren. Während es dann läuft, bekommen wir zusätzliche Unterstützung durch weitere fünf oder sechs Menschen, die nur vor Ort mit anpacken.

Nach der Organisation eines solch großen Events, hört ihr da privat noch viel Klassik oder habt ihr dann keine Lust mehr drauf?

Naja – direkt nach Young Euro Classic kann es schon einmal vorkommen, dass man erstmal gesättigt ist, weil man ja wirklich jeden Abend Konzerte erlebt hat. Zumindest ich habe hinterher erst einmal keinen so dringenden Bedarf mehr danach. Spätestens aber Anfang Winter ändert sich das wieder.

Beginnt ihr da mit den Vorbereitungen einer Festival-Ausgabe?

Nein, das passiert viel früher. Wobei es einen festen Zeitpunkt dafür gar nicht gibt. Jetzt zum Beispiel steht das Programm für Young Euro Classic 2015 schon mehr oder weniger fest. Unser Ziel ist eigentlich immer, die nächsten zwei Ausgaben parallel zu planen. Wir müssen uns schließlich rechtzeitig um die Finanzierung sorgen oder auch die Musiker frühzeitig anfragen, nicht zuletzt weil die ja Zeit benötigen, um so eine große Reise einzuplanen. Orchester-unabhängige Fragen wiederum, beispielsweise in welchem Saal was genau stattfindet, wieviel die Tickets kosten sollen und wie die Flyer gestaltet werden, beginnen wir ein Jahr vorher zu klären. In der Woche nach Young Euro Classic machen wir zwar alle meist erstmal etwas Pause und atmen durch – aber dann geht’s weiter.

Ihr seid ja echt multidisziplinär unterwegs. Was ist denn die schwerste Aufgabe bei der Festival-Organisation?

Für mich ist die größte Herausforderung eigentlich, dass das ganze Konzept des Festivals immer wieder frisch und ideenreich bleibt, und dass wir die Marke „Young Euro Classic“ mit neuen Themen und Highlights weiterhin so spannend halten, wie sie jetzt ist. Auch ihre Zugänglichkeit aufrecht zu erhalten, bleibt eine schwierige Aufgabe. Von Anfang an war da die Idee, dass wir alle Plätze, egal welcher Kategorie, zu einem einheitlichen Preis verkaufen und dass dieser Preis auch immer bezahlbar bleibt, damit wirklich jeder die Möglichkeit eines Besuchs hat. Das versuchen wir seit jeher so zu handhaben – und es ist absolut nicht einfach. Jedes Jahr merken wir, wie eng wir im Budget sind, und dass wir hier und dort eigentlich mit dem Preis hochgehen müssten, um die Konzepte realisieren zu können. Es also hinzubekommen, dass das Festival neu und aufregend, dabei aber auch zugänglich für alle bleibt und wir die nächsten Jahre irgendwie finanzieren können – das ist eine riesige Herausforderung.

Wenn es um die Auswahl der Orchester geht – wie geht ihr da vor?

Es gibt ein Orchester-Büro, das im Regelfall von den Musikern angeschrieben wird und dann unter anderem anhand von mitgeschickten Hörproben eine Auswahl trifft. Dabei haben wir immer ein grobes Konzept im Kopf, wie wir die das Young Euro Classic gestalten wollen, beispielsweise mit thematischen Schwerpunkten. In diesem Jahr war es schwieriger, weil es zwei Spielstätten gibt. Hier haben wir uns letztlich überlegt, in der Philharmonie hauptsächlich Orchester aus denjenigen Ländern spielen zu lassen, die thematisch zum Jubiläum des Ersten Weltkriegs passen – wie Frankreich und Russland. Natürlich wird bei der Auswahl auch auf die Wünsche des Publikums eingegangen. Zum Beispiel ist das Orchester aus Südafrika jetzt zum dritten Mal dabei. Wenn die gespielt haben, dann war das immer eine irre Stimmung im Saal und die Leute tanzten mit. Solche Reaktionen halten wir fest. Es ist natürlich aufwändiger, ein Orchester von so weit weg einfliegen zu lassen – aber wir wissen, dass es sich lohnt.

Manchmal spielen beim Young Euro Classic ja auch gemischte Ensembles…

Ja, wir stellen in unseren Young Euro Classic Projekten auch gerne eigene Orchester auf die Beine. Die setzen sich dann aus Musikern unterschiedlicher Länder zusammen, meist nur für das Festival. Dafür treffen sich alle in so einer Art musikalischen Akademie, wo sie ein, zwei Wochen proben und zueinanderfinden – und dann geben sie ein einmaliges Konzert. Wenn in gemischten Ensembles zwei Musiker unterschiedlicher Nationen an einem Notenpult sitzen, zusammen lernen und dabei nur die Musik als gemeinsame Sprache haben, dann ist das unglaublich schön zu sehen, wie sich das bis zum fertigen Stück entwickelt.

Mittlerweile ist das Young Euro Classic auch über die Landesgrenzen hinaus ein Erfolg.

Richtig, wir sind fast jährlich in China – und auch in Indien, Japan und Russland hatten wir bereits Termine. Dieses Jahr waren wir in Brasilien unterwegs. Das Young Euro Classic ist echt international geworden und kann von sich behaupten, verschiedene musikalische Traditionen und Spielmethoden an unterschiedlichen Orten zu vereinen. Für die Entwicklung der jungen Musiker ist das fantastisch. Die nehmen unglaublich viel mit, sowohl an kultureller als auch musikalischer Erfahrung.

Kommen wir mal auf dieses Jahr zu sprechen. Auf was für neue Formate können sich Besucher bei Young Euro Classic besonders freuen?

Das sind vor allem die innovativen Konzepte, die wir im Admiralspalast umsetzen können. Beispielsweise gibt es eine Kooperation mit einem Ensemble der berühmten chinesischen Kun-Oper. Die hat eine Geschichte von über 600 Jahren und entspricht in dieser Entstehungszeit der europäischen Barock-Oper. Mit dem Auftritt nun wollen wir die zwei Oper-Traditionen zusammenführen und etwas vollkommen Neues kreieren. Genauso auch am Publikumstag, „pubblico“ – der ist Sonntag, 10. August. Da werden die Gäste noch stärker in die Programmgestaltung eingebunden. Dazu gibt es einen sogenannten Composer-Slam, der im Stile der bekannten Poetry-Slams funktioniert und ein Wettbewerb unter Komponisten ist, die auf der Bühne ganz neue Stücke präsentieren, über die das Publikum am Ende abstimmt. Die Sieger-Komposition wird dann am Abend von einem Orchester gespielt. So etwas hatten wir noch nicht.

Das klingt spannend. Gibt’s denn auch Highlights für dich persönlich?

Was die Philharmonie betrifft, da freue ich mich sehr auf die Südafrikaner. Die sind nicht nur von ihrer Mentalität her offen, sondern gehen auch locker mit der klassischen Musik um, die bei ihnen durchzogen ist von vielen verschiedenen Rhythmen. Das ist ein ganz anderes Musik-Erlebnis. Und im Admiralspalast freue ich mich auf die Jazz-Nacht, die wir das erste Mal haben. Das ist ein ganz kleines Event im Club, der nur 200 Leute fasst. Definitiv ein sehr andersartiges Konzept im Rahmen des Young Euro Classic – sehr persönlich und entspannt.

Abschließend mal bitte deine Einschätzung: Warum ist Young Euro Classic auch nach 15 Jahren noch so erfolgreich?

Das liegt in erster Linie an den Jugendorchestern, die meistens schon viele Wettbewerbe gewonnen haben und zu den weltweit besten Ensembles gehören. So junge Musiker haben eine unglaublich unverbrauchte Spiellaune. Bei den Konzerten sitze ich nach Möglichkeit so, dass ich ihre Gesichter sehen kann – denn da kommt nicht nur akustisch, sondern auch visuell unglaubliche Energie rüber. Für die ist das noch kein routinierter Job, sondern sie leben diese Auftritte. Nach einem 10-Stunden-Flug kommen die hier an und freuen sich einfach nur tierisch, vor so großem Publikum spielen zu können. Davon abgesehen bieten wir mit dem Festival eine tolle Möglichkeit, klassische Musik in lockerer Atmosphäre kennenzulernen. Termine wie unser Publikumsfest, wo Musiker und Gäste zusammen feiern, sind einmalig: Die einen jammen gemeinsam in der Ecke, die anderen quatschen bei einem Glas Wein miteinander – so etwas erlebt man sonst eigentlich nirgends. Und das ist natürlich etwas, von dem wir hoffen, es über viele Jahre weiterführen zu können.

Termine und Tickets für Young Euro Classic:

Philharmonie: 22. – 29. Juni 2014
Admiralspalast: 8. – 17. August 2014