Musicals & Shows
Interview
ANASTASIA in Stuttgart: Judith Caspari im Interview
Seit November 2018 steht Judith Caspari als Anastasia in Stuttgart auf der Bühne. Wir haben mit der Hauptdarstellerin über das Musical und ihren Werdegang gesprochen.
Seit November 2018 ist Stuttgart um ein Musical-Highlight reicher. Anastasia erzählt den Mythos über die Zarentochter Anastasia – das einzige Familienmitglied, das damals angeblich überlebte und nach Paris floh. Während die Zarentochter in echt nicht überlebt, lebt der Mythos nun in Stuttgart weiter. Basierend auf dem 1997 erschienen Zeichentrickfilm, überlebt Anastasia und flieht tatsächlich nach Paris.
Gespielt wird sie von Judith Caspari, einer jungen aufstrebenden Musicaldarstellerin, die innerhalb der letzten Monate das Publikum begeistert und zum Musicalstar heran wächst. Wir haben mit Judith gesprochen und ihr einige Fragen zum Musical und zu ihrer persönlichen Verbindung zu Anastasia gestellt.
Wie bist du zur Rolle der Anya in „Anastasia“ gekommen? Inwiefern passt die Rolle perfekt zu dir?
Judith Caspari: Ich hatte zwar schon von der Produktion am Broadway gehört, doch erst sehr spät von der geplanten Produktion gehört, indem ich zufällig von meinem Freund darauf aufmerksam gemacht wurde, dass in Stuttgart überall Anastasia Plakate hingen und er natürlich wusste, wie sehr ich diesen Film liebe. Die Auditions erstreckten sich über viele Runden und ca. 2 Monate, dann bekam ich einen Anruf, dass ich tatsächlich die erste deutsche „Anya“ verkörpern darf. Damals konnte ich mein Glück kaum fassen.
Die Rolle der „Anya“ und ich sind beide sehr willensstarke junge Frauen, die von ihrer Intuition und vom Schicksal durch das Leben gelenkt werden. „Anya“ verändert alle Menschen, denen sie in der Geschichte begegnet zum Guten und ich denke, dass ich durch meine offene und herzliche Art oft einen ähnlichen Effekt auf meine Mitmenschen habe. Schon beim Casting hatte ich das Gefühl, dass diese Rolle perfekt zu mir passt und es fühlt sich noch immer jeden Abend wunderbar an, diese Rolle verkörpern zu dürfen.
In wieweit ähnelt das Musical dem Film und welche Änderungen gefallen dir persönlich am besten?
Judith Caspari: Ich bin sehr froh darüber, dass im Musical einige Änderungen gegenüber des Films vorgenommen wurden. Ich liebe den Film zwar sehr, aber trotzdem bin ich der Meinung, dass es der richtige Schritt war, das Musical als einen eigenen und neuen Theaterabend zu sehen. Im Musical wurde beispielsweise die Rolle des „Rasputins“, der im Film den Stereotyp des Bösewichtes darstellt, gestrichen. Anstatt dessen gibt es nun den kommunistischen Kommissar „Gleb“, der den Auftrag erhält „Anya“ zu stoppen. Doch das Spannende an dem Charakter des „Glebs“ ist, dass er nicht die Rolle des typischen Bösewichtes einnimmt und „Anya“ durchaus Gefühle für Dimitri, als auch für Gleb hegt. Das macht die Geschichte realer und aus meiner Sicht auch emotionaler.
Für das Musical wurden, neben den bereits existierenden Liedern, neue hinzugefügt. Gibt es ein Lied was dir hierbei am besten gefällt?
Judith Caspari: Ich finde, dass die neuen Lieder im Musical sehr vielseitig sind. Von emotionalen Balladen, bis hin zu temperamentvollen Up-Tempo-Nummern ist alles dabei. Einer meiner Favoriten ist die Ballade „Im Traum“. Dieser Song fängt ganz introvertiert an und baut sich nach und nach stark auf. Dieser Song ist somit noch jeden Abend eine Herausforderung, aber macht so unglaublich viel Spaß zu singen.
Bis zu acht Mal in der Woche steht Judith Caspari als „Anya“ in Stuttgart auf der Musical-Bühne. (Foto: Johan Persson)
„Anastasia war tatsächlich mein erster Kinofilm“
Wann hast du selbst das erste Mal vom Schicksal der Zarenfamilie und dem Schicksal von Anastasia gehört? Warst du früher Fan des Zeichentrickfilms?
Judith Caspari: Der Film „Anastasia“ war tatsächlich mein erster Kinofilm, sodass mich dieses Erlebnis natürlich sehr geprägt hat. Die Kassette zum Film habe ich fast jeden Tag zum Einschlafen gehört und dass ich ca. 20 Jahre später von den Menschen ausgesucht wurde, die „Anastasia“ komponiert und erschaffen haben, ist ein unglaublich großes Glück. Als ich älter wurde habe ich mich dann natürlich immer mehr mit dem wahren Mythos der Zarenfamilie beschäftigt und fand es schon immer faszinierend, was für eine große Bedeutung die Dynastie der Zaren hatte. Zudem ist das Schicksal der Anastasia, sowie die früheren Gerüchte um ihren Tod eines der größten Geheimnisse des 20. Jahrhunderts gewesen, weswegen ich es noch immer liebe, Bücher über diesen Mythos zu lesen.
Würdest du sagen, es ist aufwendiger eine Rolle zu verkörpern, die in der realen Welt existiert hat?
Judith Caspari: Natürlich ist die Vorarbeit und Recherche für eine Rolle, die real existiert hat, immer aufwendiger und intensiver. Aber gerade weil sich dadurch viel mehr Material finden lässt, ist es umso schöner, diese reale Person in ein fiktives Bühnenstück bringen zu dürfen.
Zur Premiere war der letzte lebende Romanow-Nachfahre in der Vorstellung, was für ein Gefühl war das für dich, diese Person kennenzulernen und vor ihm zu spielen?
Judith Caspari: Diese Chance war wirklich einmalig und natürlich war ich schon sehr gespannt, was Prinz Yourievsky zu dem Stück sagt, in dem es ja zum größten Teil um seine reale Familie geht, die er leider nie kennen lernen durfte. Im Anschluss an die Premiere führte ich dann ein Gespräch mit ihm, in den er mir mit Tränen in den Augen erzählt, wie ihn der Abend über seine Familie berührt habe.
Warst du selbst schon einmal in St. Petersburg und falls nicht, würdest du gerne einmal hinreisen?
Judith Caspari: Leider hatte ich noch nie die Möglichkeit nach St. Petersburg zu reisen, obwohl ich schon so viel Wunderbares über diese Stadt gehört habe… Das ist definitiv ein großer Punkt auf meiner To-Do Liste.
Wer sich die Reise nach Sankt Petersburg sparen möchte, kann noch bis Ende September „Anastasia“ in Stuttgart erleben. (Foto: Johan Persson)
„Am Wochenende von morgens bis nachts im Theater“
„Anastasia“ wird fast täglich aufgeführt, wirst du täglich spielen? Wie hältst du dich fit, um jeden Tag auf der Bühne stehen zu können? Wie sieht dein Alltag im Moment aus?
Judith Caspari: Wir spielen die Show acht Mal in der Woche und dies ist meine erste Long-Run Produktion. Deswegen musste ich mich in den ersten Wochen erst einmal an dieses neue Leben gewöhnen. Die acht Shows zehren oft sehr an deiner Kondition. Besonders an den Wochenenden, wenn wir vier Shows in zwei Tagen spielen müssen, schaffe ich nur wenig andere Sachen und bin eigentlich von morgens bis nachts im Theater.
Unter der Woche, wenn ich nur abends spielen muss, versuche ich tagsüber so viel wie möglich zu erledigen, habe Gesangsstunden oder übe für mich. Wenn dann mal ein bisschen Zeit bleibt, mache ich sehr gerne Yoga, bepflanze meinen riesigen Balkon oder gehe gerne an der frischen Luft spazieren. Das hält mich eigentlich immer recht fit und ich kann zwischen den Shows etwas entspannen.
Was fasziniert dich am Musical? Für wen ist das Musical perfekt geeignet? Wie nimmst du das Feedback des Publikums in Stuttgart wahr?
Judith Caspari: In den letzten Monaten habe ich ein unglaublich tolles Feedback in der Musicalszene wahrgenommen. Wir bekommen täglich so viele Nachrichten und Feedback, wie berührt die Menschen aus der Show kommen und sich in der Geschichte wiederfinden. Da die Geschichte von einer jungen Frau erzählt, die sich selbst und ihre Familie wiederfindet und grundlegende Themen wie Heimat, Freundschaft und Liebe thematisiert werden, ist glaube ich für wirklich Jeden etwas dabei. Genau das ist es auch, was mich selbst sehr an diesem Musical fasziniert.
War es schon immer dein Traum Musicaldarstellerin zu werden? Wie bist du zu deinem heutigen Job gekommen?
Judith Caspari: Ich hatte schon immer großes Interessen einmal etwas mit Musik oder Gesang zu machen. Doch wirklich konkret wurde dieser Wunsch erst, als ich mit 17 zum ersten mal in dem Musical „Spring Awakening“ in meiner Heimatstadt Kassel auf der Bühne stehen durfte. Das Produktionsteam bestand aus jungen theaterschaffenden Menschen, die mittlerweile wie eine Familie für mich sind und haben mich über all die Jahre hinweg gefördert, inspiriert und beraten. Zunächst wollte ich mit einer klassischen Gesangsausbildung eine gute Grundlage als Darstellerin schaffen und die Welt der Oper etwas besser kennen lernen. Doch neben meinem Engagements für klassische Opern, habe ich immer gerne Musicalproduktionen gemacht und möchte mich auch heute nicht nur für ein Genre entscheiden.
Du hast bereits mehrmals gesagt, dass du dich erst einmal auf „Anastasia“ konzentrieren möchtest und noch nicht weißt, was du anschließend machen möchtest. Gibt es dennoch eine Rolle, die du gerne einmal verkörpern würden?
Judith Caspari: Es gibt so unfassbar viele interessante Rollen, in denen ich im Genre der Klassik, aber auch im Musicalbereich sehr gerne debütieren würde. Die Rolle der Christine im „Phantom der Oper“ würde mich sehr reizen, aber genau so würde ich auch wahnsinnig gerne in neueren Musicals, wie beispielsweise in „Next to Normal“ oder „Dear Evan Hansen“ mitspielen. Planen lässt sich so etwas meistens sowieso nie. Ich hoffe einfach, dass ich noch für ganz viele wundervolle und spannende Produktionen auf der Bühne stehen und meinen Traumberuf noch lange ausführen darf.
Anastasia in Stuttgart
- Wo: Stage Palladium Theater in Stuttgart
- Wann: bis 29.09.2019 – täglich (außer montags)
- Tickets: ab 49,90 € hier bei Ticketmaster
Hier gibt es Tickets für Anastasia – Das Broadway Musical in Stuttgart