Musik
Konzertnervbirnen #1: Der Quatscher
Wir lieben natürlich Konzerte und verbringen unsere Abende am liebsten in der Gesellschaft Gleichgesinnter vor einer Bühne. Aber wir wollen euch auch nicht nur in Euphorie und Watte kuscheln. Deshalb gehen wir mit dieser Reihe dahin wo es wehtut – und stellen uns direkt neben die schlimmen Menschen, die einem auch das beste Konzert versauen können. In der ersten Folge nimmt sich Silvia Silko die Quatscher in der ersten Reihe vor, die einfach nie, nie, nie die Schnauze halten können. Illustration: Alexandra Ruppert.
„Der Peter, das ist so ein Blödmann!“ – „Ja, Susi, ich weiß!“ – „Ey wirklich! Und dann lasse ich den auch noch bei mir pennen und er blockiert den ganzen Tag das Bad, weil er auf dem Klo eingeschlafen ist“ – „Schhhh!“ zische ich in die Konversation. „Oh Sorry!“ brüllt Susi „Wir sind schon leise.“ Sie klopft mir freundschaftlich auf die Schulter. Ich überlege kurz, ob ich nicht ganz so freundschaftlich zurückklopfen soll.
Sie ist eine von diesen Konzertquatschern. Leute, die glauben, ein Konzert liefere nur den Soundtrack zu ihrer Konversation – als wäre es reiner Zufall, dass sie sich dabei direkt vor einer Bühne befinden und um sie herum Menschen stehen, die Tickets für das Konzert gekauft haben. Sie könnten genauso gut in einer Bar sitzen und sich über Peters Toiletten-Offensive unterhalten. Die brennende Frage ist nur: Warum tun sie das nicht?! Warum blockieren sie meine und die Ohren der anderen Konzertbesuchenden mit ihrem Gequatsche über die doofen Peters dieser Welt?
Klar, ich kann meinen Standort wechseln. Aber erstens will ich meinen Platz nicht Peter, Susi und dem Klo überlassen und zweitens wird das wenig bringen: Dann stehen da halt zwei Typen, die sich darüber auslassen, wie dumm sich der Klaus beim letzten Projekt in der Agentur wieder angestellt hat. Ja nee, ist auch echt wichtig das zu diskutieren, während die Künstlerin auf der Bühne uns mit zarter Stimme gerade ihr Herz ausschüttet.
Ich verstehe nicht, wie man bei allem was einem ein Konzert bietet darauf kommt, dass „langweiligen Quatsch besprechen“ die richtige Option ist. Wie wärs denn mit Tanzen? Mitsingen? Oder – mal eine ganz verrückte Idee: Zuhören! Wenn all diese Optionen nichts für euch sind, macht doch was ihr wollt. Hauptsache, ihr erzählt dabei nichts von Peter, Klaus oder Susi. Oder noch einfacher ausgedrückt: Auf Konzerten, einfach mal die Fresse halten!
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